#2 San Cristóbal de las Casas

Nach einer ziemlich turbulenten fahrt, den Serpentinen hinauf und zusätzlich unzählige „Reductors“ (= schlafende Polizisten, die in Mexiko teilweise, auch genau so „policia durmiendo“ genannt werden) lande ich kurz vor Mitternacht in San Cristóbal

Es ist arschkalt und frag mich was ich hier mache, wollt ich doch erstmal den Winter entfließen und mir die Sonne auf den Bauch scheinen lassen…

Um Mitternacht erreichen Nelly und ich das Hostel Fandango, was auf mexikanisch „Volksfest“ bedeutet, auf spanisch „Vulva“ XD In der Hoffnung das uns noch jemand reinlässt, klopfen wir an. Kurze Zeit später macht uns ein Gast namens Carlos auf, das Personal ist schon im Bett. Es sind noch einige Bewohner im Innenhof, die gut eingepackt bei Kerzenlicht an ihrem „Posh“ nippen. Das ist ein meist häuslich gebrannter Schnaps aus einer Art Birne oder so. Es ist so ziemlich der günstigste Brand den man hier kaufen kann, manchmal sogar um 40 Pesos pro Liter, also ungefähr 2€. Oft wird er einfach nur in Wasser-Plastikflaschen gefüllt, auch um ihn diskret zu tarnen, da Alkohol in der Öffentlichkeit in Mexiko verboten ist

Das Hostel ist zwar sehr günstig (100 Pesos = 5 Euro die Nacht) und auch die Atmosphäre ist gemütlich, doch funktioniert das Internet nicht, deshalb schauen wir weiter. Nelly hat einen Tipp von einer Freundin und wir machen uns auf den Weg zum Posada mi Casa. Dort angekommen öffnet uns Milo, ein Mexikaner, der sich vom Arbeiten mit Flüchtlingen eine Auszeit nimmt, schon seit mehreren Monaten im Hostel wohnt und hier auch als Voluntario arbeitet. Seine feinen Gitarrenklänge werden das erste sein, was ich die nächsten 3 Wochen nach dem Aufwachen hören werde <3

Die Tage sind meist sonnig, sehr warm und angenehm, doch bei Lichtwechsel änderte sich das sehr schnell und die Temperatur geht unter 10°C, sind wir doch auf einer Höhe von 2100m. Drei dicke decken halten mich warm in der Nacht. Heizung gibt es hier keine, dafür sogar heißes Wasser zum duschen.

Das Posada mi Casa ist ein kleines Hostel und die Besitzer Dani und Martha wohnen auch da (meistens). Es fühlt sich gleich sehr heimelig an, denn seit langem hör ich wieder mal ein bisschen Heimat. Da Birke und da Lehner (oder auch Thomas), beide aus Bayern und a scho a zeidl in dem Hostl. Und auch Ellande ein Baske mit dem ich nur mit meinem gebrochenem spanisch und französisch kommunizieren kann wird mich die nächste Zeit begleiten.

Daniel führt das Hostel schon seit 9 Jahren. Viele seiner Freunde aus Mexico City wo er ursprünglich herkommt, schauen immer wieder mal vorbei und auch Freunde die er über’s Posada mi Casa kennengelernt hat. So auch Jorge. Er, Daniel und Martha haben gemeinsam eine WG in San Cristóbal. Eines Freitag Abends, es wird wieder mal groß aufgekocht, wollen wir zum Abschied von Nelly, auf eine Psytranceparty 🦄 zum Aufwärmen fahren wir mit Jorge in Ihre WG. Sie trinken Bier, ich Vodka (Tequila und Mezcal, was ich mir vorgenommen etwas durchzukosten ist ziemlich teuer und so hab ich einen wunderbaren Vodka um 115 Pesos entdeckt der sogar, für mich zumindest, ein bisschen nach Kahlúa schmeckt 🤩). Meine Blase drückt, ich geh auf’s Klo. Beim Urinieren, schau ich ein bisschen herum und entdecke auf der Badewanne stehend ein Kneipp-Duschgel. „Interessant“ denk ich mir, „gibt’s des jetzt a scho in Mexiko? … des is jo des gleiche wos ma d’Mama mitgeben hod – Mooooment 🧐“ – hatte ich bis dahin noch garnicht bemerkt, hab mein Duschgel in Palenque liegen lassen und Jorge, der als Tour-Guide viel herumkommt war genau einen Tag nach mir dort und hat’s mitgehen lassen 🤣 Zufall? …auf diese göttliche Fügung hin schenk ich ihm das zu 98% biologisch abbaubare, deutsche Qualitätsprodukt 👍

Jorge ist viel unterwegs, da er eine Firma hat, mit der er Touren in Mitteleuropa anbietet. Angefangen hat er hier in San Cris und so lädt er uns ein, mit ihm gemeinsam, eine Tour zu Höhlen in der Nähe der Stadt, genannt „Arthur Seat“ zu machen. Um uns die Tour schmackhaft zu machen erzählte er uns von den Highlights denen wir begegnen werden und „everytime we come to a nice place, we smoke a joint“ 😎

Am nächsten Tag geht’s los. Tommy und Laura die gerade am Vorabend gekommen sind, sind auch dabei y mi hermano Thomas tambien

Zuerst gehen wir durch gut belichtet Höhlen wo das Licht die schönen Stalaktiten und Stalagmiten in bunten Farben beleuchtet werden. Dann kommen wir zu einer kleinen Öffnung die ins Dunkel führt. Wir legen unsere Stirnlampen an und steigen hinein 👀

Vorsichtig, da es teilweise weit hinunter geht, tasten wir uns den Weg vor. Jetzt wird mir auch bewusst warum so viel über „Bat-Shit“ bei Höhlenwanderungen gelacht wurde > die Hände und Schuhe sind natürlich voll davon 😅 riecht aber nicht nach Scheiße und ist übrigens ein sehr guter Dünger für Pflanzen 🌱 in einem riesigen Raum, wo es noch weit hinuntergeht machen wir halt. Nach kurzer Begutachtung setzen wir uns hin. Jorge bittet uns unsere Stirnlampen aus zu machen und einmal still zu sein. Komplette Finsternis, egal ob die Augen offen oder geschlossen sind. Ein sehr interessantes Gefühl so ganz in der Stille sitzend, keiner sagt was, ich fühl mich als würd ich schweben, das einzige was ich wahrnehme ist mein Atem 🌬️ Leises flüstern, lauter werdendes kichern, dass zu einem Gelächter führt 💜 witzig, besonders auch die Kommunikation in vollkommener Finsternis. Ich stell mir vor das wir alle im Nichts herumschweben und kann nicht nachvollziehen woher die Worte kommen. Wir sitzen da noch eine Weile und JA, wir rauchen einen Ofen 😏

Nach den Höhlen geht’s dann noch weiter zum Fluss, an dem wir dann entlang wieder Richtung Auto wandern. Kurz vor dem Parkplatz kommen wir noch dann auch noch bei der eigentlichen Touristenattraktions-Höhle vorbei > viele Menschen, eine Hochzeit wird gefeiert und eine Drohne fliegt herum, hm…

Im Nachtleben von San Cris gibt es viel Life-Musik und auch oft die Möglichkeit selber zu spielen bei der „Open Stage“. Jeden Mittwoch Abend findet im „Paliacate“ so eine Veranstaltung statt, wo Milo meist auftritt. Eines Abends kommen alle vom Hostel mit 💃🕺

Ein wunderbarer Abend mit den unterschiedlichsten Auftritten. Milo ist einer der Hauptacts. Diesen Song hat er gerade am selben Tag verfasst. Um etwas spanisch zu lernen frage ich ihn, ob er mir die Texte gibt. Ich bekomm sie, sogar inklusive Audiodatei zum mithören > diese werde ich die nächste Zeit übersetzen 💜

Schön ist es hier in dieser wunderbaren Stadt, kein wunder warum hier so viele Reisende für längere Zeit hängen bleiben…